Wenn der Blutdruck nicht mehr runter geht
Wenn der Blutdruck in anstrengenden oder aufregenden Momenten hoch geht, ist das unproblematisch, sofern er sich nach Stress, Sport oder großer Freude wieder normalisiert. Ist der Stress aber sehr häufig oder halten die Phasen lange an, ohne ausreichende Ruhephasen zur Regeneration, kann das zu einer chronischen Blutdruckerhöhung führen. Die Werte gehen dann auch nachts, am Wochenende oder im Urlaub nicht mehr runter.
Die Wirkung von krankmachendem Dauerstress auf den Blutdruck ist wissenschaftlich gut belegt. Zahlreiche Studien haben das Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Vagus untersucht und dafür den Stress sehr exakt gemessen, beispielsweise mittels der beschriebenen Herzratenvariabilität. Sie haben damit wichtige Erkenntnisse über die stressbedingte Entstehung von Bluthochdruck geliefert, die da wären:
- Menschen mit einem gesunden Gleichgewicht des vegetativen Nervensystems haben oft bis ins hohe Alter einen normalen Blutdruck. Eine starke Vagusaktivität schützt sie vor Bluthochdruck.
- Gesunde Menschen mit normalem Blutdruck, aber einem gestörten Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Vagus entwickeln im Laufe der Jahre sehr häufig Bluthochdruck.
- Menschen mit dauerhafter Blutdruckerhöhung haben oft ein gestörtes vegetatives Gleichgewicht: Zu viel Sympathikus- und zu wenig Vagusaktivität.
- Menschen mit einem permanent gestörten vegetativen Gleichgewicht haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzinfarkt.
Eine sehr aufschlussreiche Studie zu diesem Thema fand in Italien in einem Kloster statt. Lesen Sie darüber mehr auf der Vertiefungsseite.
Hier folgt wieder ein kurzer Wissenstest.
Vertiefungsthemen
Eine Langzeitstudie, die sehr gut den Zusammenhang zwischen Stress und Hypertonie aufweist, fand an einem Benediktinerinnenkloster in Italien statt. Dreißig Jahre lang nahmen 144 Nonnen regelmäßig an einem gesundheitlichen Checkup teil, bei dem Gewicht, Blutdruck, Cholesterin und Nierenfunktion gemessen wurden. Die gesammelten Gesundheitsdaten der Nonnen wurden mit den Werten von gleichaltrigen italienischen Frauen in der normalen Bevölkerung verglichen.
Das Ergebnis war: Der Blutdruck der Ordensfrauen blieb im Gegensatz zu dem der weiblichen Normalbevölkerung über die gesamten drei Jahrzehnte unverändert niedrig. Warum ist das so erstaunlich?
Gibt es einen altersbedingten Blutdruckanstieg?
Eine Antwort auf die Frage liefert die US-amerikanische Framingham-Studie. Sie hat in einer kleinen Ostküstenstadt namens Framingham über mehrere Jahrzehnte die Herz- und Kreislauf-Erkrankungen von Einwohnerinnen und Einwohnern beobachtet. Aus der Framingham-Studie wissen wir, dass der systolische Wert mit dem Älterwerden immer weiter zunimmt. Das war hier selbst bei ansonsten gesunden Menschen so, die in der Jugend noch einen ganz normalen Blutdruck hatten. Er stieg also beispielsweise von 120 mmHg in jungen Jahren auf 160 mmHg im Alter.
Bei den italienischen Nonnen hingegen geschah das nicht! Ihr nur unwesentlich veränderter Blutdruck zeigt uns also, dass ein deutlicher Blutdruckanstieg im Alter nicht zwingend ist.
In der Abbildung unten können Sie sehen, dass die Nonnen beinahe keinen Anstieg ihres systolischen Blutdrucks über die Jahre hinweg verzeichnen. Zum Vergleich sind die ansteigenden Blutdruckwerte der gleichaltrigen italienischen Frauen in der Normalbevölkerung dargestellt.
Welche Erkenntnisse liefert uns diese Studie?
Möglicherweise sind Nonnen besonders resilient, also widerstandsfähig, gegen stressbedingte Auswirkungen auf ihre Blutgefäße. Vielleicht spielt dabei ihr Lebensstil eine Rolle, wie etwa ein fester Tagesrhythmus, eine ausgeglichene Kost und die Askese beziehungsweise die grundsätzliche Bescheidenheit eines Lebens im Kloster.
Aber wie können wir diese Erkenntnisse für die Vorbeugung von Kreislauf-Erkrankungen nutzen?
Für manche Menschen wäre ein Jahr Klosteraufenthalt mit dem Lebensstil „ora et labora“ (lateinisch für: „bete und arbeite“) empfehlenswert, um das vegetative und seelische Gleichgewicht wiederzuerlangen. Es gibt aber neben dem Rückzug ins Kloster noch andere, ebenso wirksame Maßnahmen, wie etwa Ausdauertraining und Entspannungstechniken. Diese können einem Bluthochdruck vorbeugen und bei erhöhten Werten den Blutdruck senken. Wir erfahren davon mehr auf den nächsten Seiten.